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Kritik an der neuen Förderrichtlinie für den kommunalen Glasfaserausbau

Die Bundesregierung plant, das Förderprogramm für den kommunalen Glasfaserausbau zu ändern. Landrat Dr. Martin Kistler, als Vorsitzender des Zweckverbands Breitband Landkreis Waldshut, warnt, dass dadurch die Bemühungen der Kreisgemeinden für einen flächendeckenden Ausbau zurückgeworfen werden könnten.

Nach dem Willen der Bundesregierung soll die Hälfte der deutschen Haushalte und Unternehmen bis 2025 über schnelles Internet verfügen, gleichbedeutend mit einer Verdreifachung zu heute. Der flächendeckende Glasfaserausbau soll spätestens bis 2030 erreicht sein. Um dieses Ziel zu erreichen, beabsichtigt der Bund, die Förderrichtlinie für den kommunalen Glasfaserausbau neu auszurichten. Die Änderung begründet der Bund nicht zuletzt mit der Nachricht aus dem Oktober 2022, in der bekannt wurde, dass die für den Glasfaserausbau bereitgestellten Fördergelder ausgeschöpft seien. Die Regierung will deshalb die Förderung für den Glasfaserausbau neugestalten. Künftig sollen vorrangig Gebiete mit besonders schlechter Internetverbindung („weiße Flecken“) gefördert werden. Das würde insbesondere Regionen wie die Gemeinden im Landkreis Waldshut benachteiligen, wo der Breitbandausbau bereits sehr weit fortgeschritten ist.

Sollte die Änderung kommen, dann hält Landrat Dr. Martin Kistler, Vorsitzender des Zweckverbands Breitband Landkreis Waldshut, die Erreichung der Zielmarke 2030 für unrealistisch: „Gegen das Ziel, bis 2030 alle Haushalte und Unternehmen an die Glasfaser anzuschließen, habe ich im Prinzip wenig einzuwenden. Was mich und die Mitglieder aber beschäftigt, ist der Weg dorthin. Denn die neuen Förderrichtlinien machen unsere Anstrengungen praktisch zunichte. Unser Ziel, alle Haushalte im Landkreis bis 2030 mit Glasfaser zu versorgen, wird im schlimmsten Fall um Jahre zurückgeworfen.

Von der Änderung würden nicht zuletzt jene Städte und Gemeinden betroffen sein, die aufgrund der kurzfristigen Einstellung des Förderprogramms im vergangenen Herbst nicht mehr die Möglichkeit hatten, einen Förderantrag zu stellen. Sie seien nun gefordert, das Antragsverfahren von Neuem zu starten. „Im schlechtesten Fall, können manche Kommunen erst im Jahr 2024 einen neuen Förderantrag stellen. Etwa, wenn die neu definierten und aus meiner Sicht teils problematischen Kriterien des Bundes nur unzureichend erfüllt werden. Dann wäre noch nicht einmal eine zeitnahe Förderung garantiert Ich habe die große Sorge, dass hier ein neues Bürokratie-Monster entsteht.“

Als warnendes Beispiel gelte Wehr. Denn im Jahr 2020 musste die Stadt kurzzeitig sogar um ihre Förderung in Höhe von 19 Millionen Euro bangen, als ein Telekommunikationsunternehmen überraschend den eigenwirtschaftlichen Netzausbau ankündigte. „Zu Beginn wurden wir mehr oder weniger zum Ausbau gedrängt, nachdem sich kein Telekommunikationsunternehmen bereit erklärte, die unterversorgten Gebiete in unserem Landkreis auszubauen. Und nun müssen die Gemeinden einen Flickenteppich befürchten“, kritisiert Landrat Dr. Martin Kistler.

So werden die Kreisgebiete zwar immer kleiner, die noch nicht über einen Glasfaseranschluss verfügen. In der Regel liegen diese Gebiete aber eher verstreut und teilweise sehr weit abseits. Entsprechend unwirtschaftlich ist es für Unternehmen, diese kleinteiligen Gebiete anzuschließen und auch bei der Förderung besteht nun die Gefahr, dass diese nicht mehr angeschlossen werden können.  

Wie der Vorsitzende erklärt, sind sich alle Mitglieder des Zweckverbandes einig, dass die neue Förderrichtlinie viele Nachteile birgt: „Unter den Mitgliedern des Zweckverbands herrscht eine große Verärgerung. Die Gemeinden haben enorme Anstrengungen vollbracht, den Glasfaserausbau in Rekordzeit umzusetzen. Mit den neuen Förderbestimmungen, werden wir es allerdings nicht schaffen, alle Haushalte flächendeckend mit schnellem Internet zu versorgen. Dies wird kaum zu erreichen sein“, erklärt Landrat Dr. Kistler abschließend.

 

Hintergrundinformationen 

Der Zweckverband Breitband Landkreis Waldshut – Er wurde 2016 gegründet. Mitglieder sind neben dem Landkreis Waldshut alle Städte und Gemeinden des Landkreises sowie die Gemeinde Schluchsee. Der Zweckverband ist das Bindeglied und unterstützt auf dem Weg des Glasfaserausbaus. Eine weitere wichtige Aufgabe ist die europaweite Ausschreibung des Betreibers gewesen.

Der Backbone – Er ist das vom Landkreis Waldshut mit Förderung des Landes Baden-Württemberg und unter Regie der Gemeinde Hohentengen gebaute „Rückgrat“ der kommunalen Glasfaserinfrastruktur. Mit einer Länge von rund 380 km lang bringt er das Signal zu den 33 Mitgliedsgemeinden des Zweckverbands. Ein großer Teil ging bereits bis Ende 2022 in Betrieb. Eine offizielle Inbetriebnahme soll im Mai dieses Jahres erfolgen.

Die Ortsnetze – Das „Nervensystem“ der Glasfaserinfrastruktur wird von den Städten und Gemeinden des Zweckverbands gebaut und bringen die Glasfaser damit bis ins Haus des Kunden. Über die sogenannte Inhouse-Verkabelung gelangt das schnelle Internet dann bis in die Wohnungen. Voraussetzung für den kommunalen Ausbau ist, dass ein sogenanntes „Marktversagen“ vorliegt, sich also kein privates Telekommunikationsunternehmen gefunden hat, das bereit gewesen ist, den „Weißen Fleck“ mit einer ausreichenden Verbindung auszubauen. Ein „Weißer Fleck“ liegt vor, wenn es keine flächendeckende Versorgung mit mindestens 50 MBit/s asymmetrisch (beim Herunterladen) für den privaten bzw. 50 MBit/s symmetrisch (beim Herunter- und Hochladen) für den gewerblichen Bereich gibt. Dies war zu Beginn des Ausbaus in 16 Verbandsgemeinden der Fall. In diesen Gemeinden bzw. den jeweiligen Ortsteilen konnte der Glasfaserausbau über ein Landes-Förderprogramm realisiert werden.  Später konnten weitere 5 Gemeinden von Ko-Finanzierung durch Bund und Land profitieren und (Teil-)Orte mit Glasfaser ausbauen. Auch hier sind bereits einige Ortsnetze in Betrieb und konnten zur Vermarktung an den Betreiber übergeben werden.

Der Betreiber – In einer europaweiten Ausschreibung wurde die Firma Stiegeler aus Schönau mit dem Betrieb der Glasfaserinfrastruktur beauftragt. Die Infrastruktur können die Kommunen nicht selbst betreiben, jedoch wird der Glasfaserausbau auf Grund der an die Kommunen durch den Betreiber zu zahlende Pacht bis zu einem gewissen Anteil refinanziert.

Der Open-Access – Durch die Wettbewerbsrichtlinien der EU wird dieser „offene Zugang“ bei geförderten Netzen vorgeschrieben. Er bietet die Grundlage für den Kunden, unter mehreren Diensteanbietern wählen zu können.