Im Jahr 2020 sind die Borstgrasrasen die Pflanzengesellschaft des Jahres. Wie alle Lebensgemeinschaften nährstoffarmer Standorte sind auch die Borstgrasrasen stark gefährdet, regional sogar vom Aussterben bedroht. Größere Vorkommen gibt es bundesweit noch in verschiedenen Mittelgebirgen. Besonders typisch sind die Borstgrasrasen auch im Südschwarzwald. Bei uns im Landkreis Waldshut prägen sie die freie Landschaft in Bernau (Abb.1), Dachsberg, Ibach, St. Blasien und Todtmoos auf großer Fläche. In den benachbarten Gemeinden finden sich meist nur noch kleinere Bestände.
Unsere Borstgrasrasen sind fast immer ausgesprochen reich an verschiedenen Kräutern wie Arnika (Abb. 2), Ausdauernde Sandrapunzel (Abb. 3), Feld-Thymian und Silberdistel. Entsprechend vielfältig sind die dort vorkommenden Tierarten. Darunter sind auch zahlreiche Heuschrecken und Schmetterlinge. Eine bei uns markante Heuschrecke ist der Warzenbeißer (Abb. 4). Meist sitzt die Art in langgrasigen Bereichen, wie sie auf Extensivweiden als Weiderest regelmäßig vorkommen. Durch die enge Verzahnung mit Gehölzgruppen und Waldrändern, Feuchtbiotopen und Felsgebilden weisen die Weidfelder einen großen strukturellen Reichtum auf und sind für die Erhaltung unserer Biologischen Vielfalt unverzichtbar.
Bei uns kommen die Borstgrasrasen in unterschiedlichen Ausprägungen vor. Hierzu zählen:
- Borstgras-Torfbinsenrasen (Juncetum squarrosi) - Borstgras-Anmoore und Borstgrasrasen mineralischer Feuchtstandorte;
- Kreuzblumen-Borstgrasrasen (Polygalo-Nardetum) - wechselfeuchte Ausbildung am Rand von Niedermooren oder Feuchtwiesen, vermittelt zum Juncetum squarrosi (s. oben) wie zum Festuco-Genistetum (s. unten);
- Flügelginsterweide (Festuco-Genistetum) – charakterisiert durch den Flügel-Ginster (Abb. 1); besiedelt trockenere und wärmere Standorte;
- Schweizer Löwenzahn-Borstgrasrasen (Leontodonto helvetici-Nardetum) - Hochlagen-Borstgrasrasen des Feldberg-Gebietes, stark subalpin geprägt.
Gefährdungen für die Borstgrasrasen ergeben sich zum Beispiel durch Aufkommen von Adlerfarn und Lupine, die dichte Herden bilden und die Arten der Borstgrasrasen verdrängen. Auch Stickstoffeinträge etwa aus der Luft und Klimaveränderungen zählen zu den Gefährdungsfaktoren.
Seit Jahrhunderten werden die Borstgrasrasen bei uns in aller Regel beweidet. Daher ist auch der Name „Weidfeld“ gebräuchlich. Die Beweidung erfolgt fast ausschließlich mit Rindern (Abb. 5). In letzter Zeit kommen auch Ziegen wieder gezielt zum Einsatz, da sie aufkommende Gehölze stark verbeißen und so stärker zurückdrängen können als Rinder. Unterstützen lässt sich der Fortbestand der Weidfelder mit ihren Borstgrasrasen insbesondere durch den Kauf von Fleisch- u. Milchprodukten aus der örtlichen Weidehaltung.
Quellen:
- Bogenrieder, A. (2012): Die Vegetation der Weidfelder und der waldfreien Sonderstandorte. 107-180. - In: Regierungspräsidium Freiburg (Hrsg.): Der Feldberg: Subalpine Insel im Schwarzwald. – 488 S., Stuttgart (Thorbecke).
- Köppler, D. (2004): Landschaften, Lebensräume und Vegetation. 47-154. In: Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg (Hrsg.): Wälder, Weiden, Moore. Naturschutz und Landnutzung im Oberen Hotzenwald. - Naturschutz-Spectrum · Themen 94, 1-440, Ubstadt-Weiher.
- Schwabe, A., Tischew, S., Bergmeier, E., Garve, E., Härdtle, W., Heinken, T., Hölzel, N., Peppler-Lisbach, C., Remy, D. & Dierschke, H. (2019): Pflanzengesellschaft des Jahres 2020: Borstgrasrasen. – Tuexenia 39, 287–308, Göttingen.